Und wieder einmal nutzten wir den Bus als Fortbewegungsmittel. Dieses Mal von der zweit-größten Stadt Thailands, Chiang Mai, in die Provinzhauptstadt Chiang Rai. Wir wollten einen kleinen Zwischenstop einlegen, etwas Natur genießen und vielleicht auch bei ein paar Bergdörfern vorbei gucken. Die Fahrt mit dem sehr angenehmen Bus von Greenline dauerte vier Stunden, die ziemlich schnell vorüber gingen.
In Chiang Rai angekommen, bemerkten wir wieder den etwas veralteten Stand unseres Reiseführers, inzwischen gab es zwei Busterminals, eines ziemlich mittig innerhalb der kleinen Stadt, das andere ein ganzes Stück außerhalb. Wir wurden zum richtigen gebracht, schnappten uns unsere Rucksäcke und machten uns wieder auf die Suche nach einer Unterkunft. Nach kurzer Zeit fanden wir auch etwas, mehr schlecht als recht, allerdings wirkte auch der ganze Ort nicht wirklich einladend auf uns, sondern eher abschreckend. Aber so muss es wohl sein, wenn man aus einer so lebendigen Stadt wie Chiang Mai kommt…
Nun gut, unser Dreier-Zimmer in unserer Unterkunft verfügte über einen alten staubigen Balkon und ein großes Fenster direkt zur Hauptstraße hin, aber ab 12:00 Uhr abends sollte es auf dieser ja wieder ruhig sein…
Wir hatten eh nicht vor lange zu bleiben.

Nachdem wir uns kurz frischmachten, mieteten wir uns wieder Mopeds, die uns von den Vermietern direkt zu unserer Unterkunft gebracht wurden. Mit diesen und einer mehr oder weniger übersichtlichen Karte fuhren wir los Richtung Wat Rong Khun, dem weißen Wat, einem der Hauptsehenswürdigkeiten in Chiang Rai. Inzwischen sind wir schon mehr oder weniger Profis, was den Links-Verkehr betrifft, aber uns war zwischenzeitlich schon etwas mulmig zwischen all den Bussen und LKWs, die es auf der Strecke noch und nöcher gibt.
Aber alles war vergessen, als wir am Wat Rong Khan ankamen. Schon vom weiteren war dieser Tempel gigantisch schön anzusehen. Wir hatten zwar keinen strahlenden Sonnenschein, trotz allem leuchtete das Weiß und die eingebauten Spiegelfliesen so schön wie wir es uns vorgestellt hatten. Der thailändische Künstler Chalermchai Kositpipat hat das Wat konstruiert, der Bau begann erst 1997 und ist auch immer noch nicht abgeschlossen, aber das, was schon fertig ist, kann sich sehen lassen.

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Der Künstler hat beim Bau des Tempels versucht die buddhistische Symbolik an allen Ecken und Enden mit einfließen zu lassen, so soll z.B. der kleine Kreis auf dem Boden vor dem Tempel die Erde darstellen, von dieser geht es über einen schmalen Pfad durch die Darstellung einer buddhistischen Hölle, die mit vielen ausgestreckten Armen gespickt ist und als Sinnbild des Verlangens stehen, über eine wunderschöne Brücke, die den Weg der Erleuchtung widerspiegeln soll, in das wahre Heiligtum. Das Innere des Tempels ist nicht, wie sonst üblich, mit Szenen aus dem Leben Buddhas geschmückt, sondern mit fantastischen und äußerst kreativen Bildern aus der Gegenwart, die den Kreislauf des Leidens und der Wiedergeburten darstellen sollen. So sieht man Raketeneinschläge, Flugzeugeinschläge in das World Trade Center, stilisierter Kapitalismus – dargestellt als gieriges, vielarmiges Wesen – , Superman, Batman, Hello Kitty, Sailor Moon, Star Wars-Figuren und viele bekannte Gesichter, die das symbolisieren, was unsere Gesellschaft bewegt und ausmacht. Daneben sieht man Menschen, die sich auf Wolken aus dem Gewimmel der Zerstörung retten und dem Buddha am anderen Ende der Wand entgegen schweben. Leider durfte man das Ganze nicht fotografieren, aber wir können es nur jeden empfehlen mal selbst anzusehen!

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Im Anschluss fuhren wir auf unseren Mopeds quer durch die Stadt, zum Boots-Pier, um uns über Preise und Abfahrtszeiten zu informieren. Wir wollten die Dörfer entlang des Mae Nam Kok per Boot besichtigen. Wir mussten jedoch feststellen, dass die Zeit in Chiang Rai anscheinend anders vergeht als in anderen Städten, um 16:30 Uhr war der Pier bereits geschlossen. Hm… nun gut, also zurück durch die Stadt, zum Busterminal 2, schon einmal unsere Weiterreise zu unserem nächsten Wunschziel organisieren. Wenigstens DAS klappte. Den Abend verbrachten wir mit der Suche nach Essbarem, die meisten Läden hatten bereits geschlossen, aber nach einiger Zeit fanden wir dann doch noch etwas brauchbares zu annehmbaren Preisen und konnten den Tag damit als Erfolg verbuchen.

Tag 2 – Die Ausbildung beim Bund…

Nach einer nicht ganz optimalen Nacht mit Tuk-Tuk-Lärm, Moped-Gebrumme und einer doch recht lauten Klimaanlage (die wir aufgrund ihres Tropfens nach kurzer Zeit wieder ausstellen mussten) hatte Steffi ihren „Ich-darf-das-Zimmer-aussuchen“-Bonus verspielt. Ab sofort waren die Jungs wieder zuständig.
Unseren zweiten Tag in „Lovely Chiang Rai“ begangen wir ziemlich früh in einer kleinen sehr hübschen Bäckerei beim Frühstück. Anschließend feilschten wir wieder mal etwas mit einem Songthaew-Fahrer um den Preis bis zum Bootspier, ließen uns hinkutschen und mussten leider feststellen, dass das Boots-Team hier nicht nur gute Schließzeiten, sondern auch sehr Arbeiternehmer freundliche Öffnungszeiten hatte. Wir durften also etwas warten und in der Zwischenzeit die Preise der offiziellen Fähre mit denen eines „gecharterten“ Schnellbootes vergleichen. Wir entschieden uns für die Fähre, der 10-fache Preis sind wir nicht bereit zu zahlen. Als diese um 10.30 Uhr endlich ablegte, hatten wir bereits herausgefunden, dass wir, trotz unserer Bemühungen, immer noch den doppelten Preis bezahlt hatten, als es eigentlich üblich war. Aber mit Touristen kann man es ja machen… Zum Glück handelte es sich dabei nur um 2 Euro, einen bitteren Beigeschmack hinterließ es trotzdem.
Bei unserer Fähre handelte es sich um ein längliches „Schnellboot“, das mit einem Automotor betrieben wurde und in dem wir, aus Gründen der Gewichtsverteilung, quer zur Fahrtrichtung sitzen mussten. Das ganze war eine ziemlich wacklige Angelegenheit, dazu kam schließlich noch die Strömung und ein fieser aufbrausender Wind.

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Unser Lonely-Planet hatte uns versprochen, dass wir im ersten angesteuerten Karen-Dorf in einer Stunde zu fünf weiteren Dörfern von ethnischen Minderheiten zu Fuß auf eigene Faust kommen könnten und wir hatten vor ihm zu folgen/glauben. Kaum beim Ausstiegsort angekommen, mussten wir allerdings wieder einmal feststellen, dass die Zeit in Thailand einfach nicht still steht. Aus dem ehemaligen Karen-Dorf war inzwischen „Elephant-Village“ geworden, bestehend aus ein paar Ständen vollgepackt mit Touri-Zeug und einem Unterstand für viele, vieeeele schlecht aussehende Elefanten, die sich auf Ausritte „freuten“.

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Wir hatten schnell gemerkt, dass wir die einzigen Traveller ohne Tourguide waren, der Rest wurde auf die Elefanten verteilt und wir sahen der langsamen Prozession hinterher, als wir uns auf unseren Fußmarsch machten. Wir wussten dass die letzte offizielle Fähre um 16:00 Uhr wieder ablegen würde und waren festentschlossen diese auch zu bekommen, denn ansonsten hätten wir wieder einmal vieeel zu überteuerte Preise für die Rückfahrt zahlen müssen, wenn ÜBERHAUPT noch ein Boot da sein sollte. Wir hatten also ein Zeitlimit.

Leider war im Lonely-Planet keine Karte von den Dörfern die wir besuchen wollten abgebildet, aber wir hatten am Fährenableger eine Standtafel abfotografiert, die uns zumindest ein paar Punkte und Linien zeigte. Wir hatten das eine als Weg und das andere als Ziel definiert. Mit Mischas uneingeschränkten Glauben an seine Bund-Ausbildung stapften wir also los, der Sonne entgegen. Nach ungefähr 500 Metern war allerdings Schluss, der Weg eine Sackgasse… nun gut, also hieß es: alles wieder auf Anfang.
Da wir an die Erfahrung der Elefanten-Touren appellierten, folgten wir kurzentschlossen dem Pfad, den die grauen Riesen gegangen waren. Glücklicherweise verstehen es Elefanten ja, ihre eigene „Brotkrummen“-Spur zu legen, der wir locker leicht folgen konnten, nur um wiederum feststellen zu müssen, dass der Elefanten-Ritt anscheinend auf eine halbe Stunde begrenzt war und uns die Großen nach kurzer Zeit schon wieder entgegen kamen. Naaa gut… wir stapften also wieder allein weiter.
Das es die ganze Zeit bergauf ging, störte uns gar nicht, immerhin hieß es im Lonely Planet ja Bergvölker, für uns war also selbstverständlich, dass wir auf dem Berg dann auf die Dörfer treffen würden. Tja, leider ging es aber plötzlich den Berg wieder runter und sanfter Nieselregen, der die Strecke etwas rutschiger machte, begleitete uns ein Stück. Ansonsten überholte uns ab und an ein Moped, ein paar kamen uns auch entgegen, alle mit einem gefühlt spöttischen Lächeln auf den Lippen, frei nach dem Motto: „Wissen die eigentlich, was sie da tun?!“, aber keinem Hinweis auf sonstige Zivilisation.

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Nach einer gefühlten Ewigkeit und einer tatsächlichen Dauer von circa anderthalb Stunden durch die Wildnis kamen wir an einem Punkt im Nirgendwo an, der zumindest einmal vier lebende Menschen zeigte, von einem Dorf war aber weit und breit nichts zu sehen. Überhaupt hatte der Weg den wir gelaufen waren nicht im Entferntesten Ähnlichkeit mit den gezeichneten Linien auf der Wandtafel gehabt. Zu unserer Freude waren die vier Menschen sehr hilfsbereit, zu unserem Bedauern sprachen sie allerdings kein Wort Englisch und wir konnten ihnen nicht deutlich machen, wo wir hinwollten, geschweige denn verstehen, was sie uns sagen wollten. Aus diesem Grund entschlossen wir uns das Experiment abzubrechen und dem Weg zu folgen, den wir hergekommen waren, damit wir zumindestens noch rechtzeitig an der Fähre ankommen würden. Zum Glück schafften wir das auch und so konnten wir zumindestens einen Erfolg verbuchen. Auch wenn wir nicht das gesehen hatten, was wir wollten, war der Ausflug in die Natur wieder mal eine sehr schöne Abwechslung gewesen und auch die Bootsfahrt hat Spaß gemacht.
Zu Steffis Erstaunen schlug Mischa vor den Nachtmarkt zu besuchen um wenigstens noch einen kleinen Einblick in das dörfliche Leben vor Ort zu erhalten. Zwar war dieser Nachtmarkt nicht zu vergleichen mit dem aus Chiang Mai, aber als abschließendes Bummeln war er dennoch mehr als geeignet und verdient das Prädikat „nett“.

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Chiang Rai wird wohl trotzdem nicht unsere Favoritenstadt werden und daher freuten wir uns schon ein wenig auf die Weiterfahrt mit dem Bus nach Sukothai, die für den nächsten Tag angesetzt war.