„Das möcht ich eigentlich nicht.“ „Das wird die grausamste Fahrt unseres Urlaubs“, „Bereite dich auf das Schlimmste vor und multipliziere es mit 10, so wird es ungefähr werden.“… Wir hatten schon viel schlimmes gehört und noch viel erschreckenderes gelesen, aber es half alles nichts: wir wollten nach Laos! Und genauer: auf eine der 4000 Inseln so ziemlich direkt hinter der laotischen Grenze.
Durch Frank wussten wir bereits „das ist in einem Tag nicht zu schaffen!“, durch Patrick und Anita, dass der Bus gerne in Slang Treng (der letzten großen Stadt in Kambodscha) direkt vor einem bekannten Hotel „auseinander fällt“ und eine Weiterfahrt „unmöglich“ ist…. fünfmalige Buswechsel und Abzocke an allen Ecken und Enden… wir waren auf alles vorbereitet und gefasst und hatten dennoch Angst, dass unsere Vorstellung der Reise immer noch nicht gerecht werden konnte.

An unserem letzten Tag in Siem Reap suchten wir also das erste Reisebüro auf, was uns über den Weg lief. Der Typ von der Travelagency versprach uns einen einmaligen Buswechsel, sowie einen Start um 05:00 Uhr morgens, Pick Up am Hotel um 04:30 Uhr. Wir rechneten nicht damit, dass der Fahrer zu dieser Zeit erscheinen würde.
Aber was sollen wir sagen: um 04:45 Uhr stand der Fahrer vor unserem geschlossenen Tor. Ein beherzter Zug und etwas Gewalt ,schon glitt das Tor quietschend aus dem Weg zu unserm Martyrium. Der Minibus hatte auch schon ein paar weitere Passagiere dabei, musste also tatsächlich um 04:30 Uhr irgendwo mit dem Einsammeln angefangen haben. Auch unser Bus, ein großer Doppeldecker, fuhr mit uns um kurz nach 05:00 Uhr ab… wir waren positiv überrascht.
Am versprochenen Buswechselort rechneten wir mit einer langen Warterei auf einen überfüllten Minibus (13 Plätze und 24 Leute – hoffentlich müssen wir nicht auf dem Dach sitzen!) und wurden wieder sehr positiv überrascht. Unser Bus, ein großer VIP-Bus (es stand in großen Lettern vorne dran), wartete bereits auf uns und war sogar ziemlich leer. Die Hinterbank gehörte uns! Den ViP Status verdiente er sich nicht nur mit der modern wirkenden Innenausstattung, sondern tatsächlich mit englischen Filmen und FREE WIFI (mit Verbindung ins Internet!!!!). WOW! Mit diesem Luxus waren wir in Asien noch nie gereist!

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In Kratie stiegen noch ein paar Touries ein, inzwischen war der Bus auch annähernd voll, alles nur Touries. Gegen 15:30 Uhr wurden uns die üblichen Ausreisekarten ausgeteilt (die meinten das wohl doch ernst mit der Grenzüberquerung am gleichen Tag?!). Ein kleiner Abschnitt von lässigen 30 km der holprigsten Straße in Kambodscha half allerdings nicht beim Ausfüllen, bouncen und head-bangen war da eher angebracht. Während der freundliche „Reiseleiter“ die Ausweise einsammelte, erklärte er selbstverständlich gern, warum es noch einmal 6$ mehr für den Grenzübergang kostete. Die einen nennen es Schmiergeld, die anderen Stempelsteuer. Da wir Deutsche sind, gefällt uns der Begriff Steuern selbstverständlich am besten, also bleiben wir bei Stempelsteuer. Um 18:15 Uhr passierte dann das unmögliche: wir überquerten die laotische Grenze!
Es hatte tatsächlich alles reibungslos funktioniert, nur einmal umsteigen und tatsächlich an einem Tag durch… wir waren überwältigt. Hinter der Grenze kamen wir allerdings noch in den Genuss eines Minibusses. Zu unserem Erstaunen stiegen ca. 80% des VIP Buses aus und wollten auf die 4000 Inseln. Hmmm, klingt nicht nach gemütlichen Inseln oder Geheimtipp…. 🙁 Schnell durchgezählt und wir stellten fest: das sind mehr Touries als Plätze… Anstatt eines deutschen Verhaltens wird aber bei den Laoten der Umweltschutz GROß geschrieben. So ist der Fahrer nicht 2x zu der nahe gelegenen (ca. 5km entfernten) Boots-Anlegestelle gefahren, sondern bat einfach ein paar Männer auf das Dach. Diese durften kurz darauf bei der Fahrt mit ca. 60 km/h gleichzeitig die Rucksäcke auf dem Dach vor dem Herunterfallen bewahren. Zum Glück ging die Fahrt nicht lange. Anschließend ein kurzer Gruppenausflug zum einzigen Geldautomaten für die nächsten Tage, auf den Inseln befindet sich nämlich keiner, und dann ging es weiter zum Boot.
Gut… Nun ist auch hier der Laote umweltfreundlich eingestellt, Licht wird nämlich auch von der Pflanzen- und Tierwelt zu dieser Zeit (ca. 20:00 Uhr) als störend empfunden. Somit fand die Überfahrt in der totalen Finsternis und selbstverständlich ohne die lästigen Sicherheits-/Schwimmwesten statt. Die Fahrt hatte fast etwas romantisches, ähnlich einem Navi-SEALS-Einsatzes. Zum Glück musste keiner auf das Dach und die beiden Laoten kannten den Weg.
Auf Don Det angekommen merkten wir schnell, warum die Insel „Party-Insel“ genannt wird. Am sehr kurzes Strand war eine Bar neben der nächsten, aufgelockert durch Restaurants aller Art. Wir besuchten ein paar Häuser, fanden aber nichts Annehmbares in Nähe der „Party-Meile“. Somit gingen wir weiter, passierten einen stock-finsteren Weg und kamen zu einem Restaurant mit Bungalows. DAS war es. Es war noch etwas frei und so konnten wir den Tag als Erfolg abhaken. Dieses (ausgemalte) Horror-Szenario erfolgreich in einem Tag überstanden, genial!
Der Abend wurde nur noch von dem nicht so berauschendem Essen überschattet, aber das blieb zum Glück ohne Folgen. Am nächsten Tag wollten wir die Insel(n) erkunden.

Wir konnten etwas ausschlafen, Erholung war sooo spürbar. Wir saßen, besser lagen fast, am Tisch wie die alten Römer und begannen unseren Tag mit einem Blick auf den schnell fließenden Mekong und einem leckeren Frühstück. Wir sahen Kayaks und hatten somit schnell den Plan für den nächsten Tag festgelegt. Doch heute wollten wir uns auf eigene Faust umsehen. Da es auf der Insel nur wenige Motorräder gibt und damit die Einheimischen durch die Gegend fahren, mieteten wir uns jeweils eines der vielen angebotenen Räder und brachen auf.

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Unser Ziel war Don Khon, eine per Brücke angeschlossene Insel mit einem sehenswerten Wasserfall und evtl. etwas Natürlichkeit Laos, die es zu entdecken gab. Schon wenige Meter nach Verlassen der Ansammlung an Häusern übermannte uns das Gefühl von Freiheit und einem wunderbaren Blick über Felder, Wälder und einer so gut wie menschenleeren Natur und Umgebung. WOW, das war besser als vorgestellt. Wir genossen den Weg zur Brücke und wurden auf den harten Boden der Realität zurück geholt. Ein „Wachposten“ wartete dort auf Touries wie uns und wollte dort doch tatsächlich „Eintrittsgeld“ für die Insel… Etwas missmutig zahlten wir, immerhin hatten wir etwas vor. Zum Glück stellten wir später fest das dieses Eintrittsgeld auch gleichzeitig für den Wasserfall war, somit gab es nur eine kurze Aufregung über die Ausbeute des „auf den Inseln gestrandeten“ Touries.
Wir fuhren weiter an Feldern entlang, durch einen sich erhebenden Wald und genossen das unglaubliche Gefühl auf mehr oder weniger natürlichen Wegen, ohne Tourie-Ausbauten, durch die Natur zu tingeln.Traumhaft. Am Ende der Straße und somit auch der Insel wartete eine Aussichtsplattform auf uns, von der aus wir über eine sehr breite Stelle des Mekongs blicken konnten, quer rüber zu den kambodschanischen Inseln, die sich diesen Teil des Mekongs teilten. Ein komisches Gefühl den ganzen Tag gereist zu sein um Kambodscha zu verlassen und am Ende doch wieder so nah an der Grenze zu stehen. Früher fuhr eine Eisenbahn zwischen den beiden Enden der Insel, erbaut von den französischen Besatzern und eingerissen von der Natur. Heute erinnert nur noch eine kleine Lokomotive am Start und Ziel an dieses längst erloschene Relikt. Was für ein Ausblick, an dieser Stelle wird einem die unglaubliche Zahl von 14 km Breite des Mekongs wirklich (be-)greifbar.

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Nach einigen Momenten der Beobachtung und des Genießens fuhren wir zu dem ersehnten Highlight von Steffi: der Wasserfall. Anfänglich noch von Mischa als „na ja, was wird das schon krasses sein“ abgetan, ging bald das Fotografen-Herz auf und ein Wow folgte dem nächsten. Beeindruckende Wassermassen stürzten sich über verschiedene Stufen den Mekong runter und verleiteten ihn immer wieder dazu Foto um Foto zu schießen.
Einen kleinen Eindruck seht ihr hier.

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Etwas weiter hinten sollte ein Strand zu finden sein, die geplante Abkühlung des Tages. Leider wiesen uns mehrere Schilder und Warnhinweise daraufhin, dass dies wohl kein Badestrand mehr war. Es wurde mit Lebensgefahr gewarnt und die Erzählungen von ertrunkenen Inselgästen, die wir am Morgen von unserer Unterkunfts-Chefin zu hören bekommen hatten noch im Hinterkopf, vermieden wir es mehr als knietief in das braune, schlammige Wasser des Mekongs zu versinken.
Dennoch konnten wir mit etwas Kreativität etwas zaubern, das das Zeichen für unsere Reise werden könnte. 😉

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Auf dem Rückweg genossen wir noch einmal die Natur und kamen mit einem breiten Lächeln zurück zur Party-Insel. Entspannt saßen wir uns in den Inder am Eck und hatten ein gutes indisches Essen, eine willkommene Abwechslung. Während wir auf unser Essen warteten, fiel uns gleich eine Gruppe englisch sprechender Jungs und Mädels auf. Hier wurde munter ein Joint durch die Reihen gegeben, anscheinend völlig selbstverständlich, warum auch nicht. Nach unserem leckeren Mahl schauten wir noch nach einer leckeren Nachspeise und Steffi sprang etwas Unbekanntes ins Auge „Happy Cake“ oh, das klingt gut, meinte sie. Mischa hatte das nicht so ganz verstanden, darum warf auch er einen Blick in die Karte, nur um dann mit einem Grinsen zu erwidern: „willst du das wirklich“?! Eine verwunderte Steffi fragte darauf: „warum nicht?!“, worauf hin Mischa ihr die 2 folgenden Einträge zeigte: „Happy Shake“ und „Happy Bag“. Die Erkenntnis konnte man praktisch in ihrem Gesicht ablesen. Hier gab es wohl Fröhlichkeit zu kaufen. Unsicher um was es sich genau handelte, googelten wir kurz danach um festzustellen, dass das wohl nichts für uns alte Spießer war. Hier gab es, neben indischem Brot, auch mit „happy“ Pilzen versetztes Essen, wie selbstverständlich auf der Speisekarte… Nun gut, schon etwas anderes als die kiffenden Aussis, Amis und Engländer… Wie wir später lernten war dies aber so normal wie eine Flasche Wasser kaufen. In anderen Lokalen gab es das Gras einfach zu kaufen und der Eindruck einer Drogen-Party-Insel verstärkte sich schlagartig.
Verwundert beendeten wir unseren ersten Tag etwas erholt auf der eigenen Terrasse im Liegestuhl und der Hängematte. Hierbei wurden wir allerdings fast von einer aggressiven Gottesanbeterin unterbrochen, die nicht anders konnte als den Liegestuhl nach oben zu klettern und uns so ein paar wunderschöne Bilder zu bescheren.

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Der nächste Tag begann mit einem gemeinsamen Frühstück für alle Kayak-Fahrer und dem gemeinsamen Aufbruch in die Fluten des Mekongs, 2 Wasserfälle wollten entdeckt werden. Warum Fluten  nicht untertrieben war, merkten wir recht schnell. Trotz der enormen Breite des Mekong ist fast über all eine sehr starke Strömung zu spüren, die unser kleines Boot sehr schnell abtreiben und/oder gegen Bäume und herausragende Gegenstände drücken konnte. Aus dem gemütlichen Paddeln wurde unversehens richtige Arbeit. Aber erfahrene Paddler wie wir es sind, schreckte das selbstverständlich nicht und so ging das alles ohne Probleme von statten. 🙂
Nach einer kurzen Zeit landeten wir an und gingen die restlichen Meter zum ersten Wasserfall. Dieser war nicht so beeindruckend wie der am Vortag, aber auch hier war schon ein kleiner Wow-Effekt spürbar. Wie sollte das erst noch später beim größten Wasserfall Südostasiens werden?!
Die Boote wurden in der Zwischenzeit von fleißigen Helfern umgesetzt und wir konnten somit direkt weiter paddeln. Unser nächstes Ziel kam uns allerdings reichlich bekannt vor, dort waren wir gestern schon, zumindest fast… Wir waren wieder an der Aussichtsplattform, nur diesmal auf der Wasserseite. Es gab etwas Besonderes zu beobachten: Süßwasser-Delphine. Wir paddelten in einen breiten Bereich und warteten bis sich etwas tun sollte. Unglaube hatte sich bereits eingestellt, eigentlich soll April-Mai die beste Zeit für diese Beobachtung sein, also warum sollten wir dieses Glück nun haben? Schnell wurde der Pessimismus von einem Geräusch unterbrochen: Das Atmen aus einem Atemloch eines  Delphins… ungläubig sahen wir uns um und sahen nur noch die Wellen, aber die Neugier war damit geweckt. Mehrere kurze Sichtungen führten zu heller Freude der ganzen Gruppe, gekrönt von einem sehr zufälligen Auftauchen eines Delphins, ca. 10 Meter hinter/neben unserem eigenen Kajak. Per Zufall sahen wir in die Richtung und konnten somit alles live sehen. Krass. Zwar könnten wir bei einer Gegenüberstellung nicht sagen welcher Delphin es nun war und wo sich diese von Salzwasser-Delphinen unterscheiden, aber wir haben diese vom Aussterben bedrohte Art sehen dürfen und dies nur mit Hilfe naturschonender Gefährte und unserer eigenen Muskelkraft. Irgendwie ein gutes Gefühl.
Unser nächste Stop war der (illegale?!) Grenzübergang zu Kambodscha (da waren wir nun doch wieder….) und dem dortigen Essen auf der gestern bereits gesichteten Insel. Zu unserem Glück währte der Aufenthalt nicht lange und wir fuhren weiter um nach einer kurzen Schwimmeinlage in ruhigeren Gewässern, die Boote wenig später auf einen „sawngthaew“ zu hieven. Diese Wagen heißen übersetzt 2-Reiher und werden  in Laos für den Transport von allem und jedem verwendet, ähnlich dem Tuk-Tuk in Kambodscha, nur in unterschiedlichen Größen. Dieses hier wurde neben den Booten auch noch mit allen Paddlern bestückt und wir fuhren zum größten Wasserfall (Khon Phapheng) Südostasiens.

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In Summe war dieser nicht so beeindruckend wie der am Vortag, aber wie mir Steffi erklärte gilt der vom Vortag nicht als Wasserfall, weil es nur von einer Stufe auf die nächste „plätschert“… Na ja, Definitionssache.

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Zurück auf Don Det erkundeten wir ein neues Lokal, bei dem man sich alle möglichen Filme anschauen kann, während man dort isst oder trinkt. Außerdem kann man sich dort auch Festplatten kaufen, die wiederum mit einigen Gigabyte Filme, Serien und Musik gefüllt sind. Aus dem Internet gezogene Ansammlungen von unterschiedlichsten Bereichen, zu haben für wenig bis etwas mehr Geld, je nach Aktualität und Menge der gewünschten Medien. Passte irgendwie zu den restlichen Möglichkeiten Weed und Happy-Food zu bekommen. 😉
Der Abend hielt noch ein kleines Abendteuer für uns bereit, eher eine kleine Jagd. Anscheinend hatte es keine Putzfrau unter Tags geschafft aufzuräumen und somit war das am Morgen geöffnete Fenster noch immer weit geöffnet. Vermutlich hatte Mischa am Morgen auch noch vergessen das Licht im Schlafraum auszumachen und so hatten wir unzählige hungrige Moskitos bei uns in der Hütte… Argh… Eine Jagd von über 30 erlegten Moskitos beendete unseren sehr erfolgreichen Tag wieder auf der Veranda, in Hängematte und Liegestuhl. Geschafft und dennoch erholt begannen wir bald unsere letzte Nacht auf den 4000 Inseln.

Am nächsten Morgen fuhren wir nämlich bereits mit dem ersten Bus (entspannte Lao Zeit: 12:30 Uhr) nach Paksé und besuchten dort das Bolaven Plateau. Hierzu mehr im nächsten Abschnitt.

P.S.: geschrieben in einem Nicht-VIP-Bus, der sich leider auch so anfühlt… 🙁

P.P.S.: Für alle die den Blog nur als Mail abboniert haben noch ein Hinweis: Wir stellen viel mehr Bilder in den Kopfbereich der Beiträge ein, als Ihr in der Mail sehen könnt. Evtl. lohnt sich also ein Blick auf die Webseite, auch wenn man die Mail bekommt und gelesen hat. 😉