1. Tag – Der Kaiser und seine Eunuchen

Mit nur einer Stunde Verspätung und etlichen Eindrücken der überschwemmten und vom Typhoon „geküssten“ Abschnitte von Vietnam sind wir in der  ehemaligen Kaiserstadt Hué angekommen. Gleich an der Endstation des Busses haben uns freundliche Schlepper Hotelwegweiser empfangen und uns etliche Hotels angepriesen. Etwas suchen hatte schnell unsere Unterkunft beschert, sogar mit Swimming Pool. 😉 – den wir nie genutzt haben :(.

Kurz frisch gemacht ging es sofort in die Erkundung der direkten Umgebung und der Zitadelle Hué am anderen Ufer des Parfümflusses. (Nein, der stank nicht, evtl. war das früher ja mal der Fall und nur der Name ist geblieben, unser Lonely Planet hat keine Info dazu. 🙁 )
Aber halt, nach unserer langen Fahrt hatten wir selbstverständlich HUNGER. Also noch schnell etwas zu essen holen… Doch was nur? „Wir probieren mal was lokales aus.“ Schwupps war der Entschluss gefasst und schon hieß es: „Wie isst man das?“ – Wir bestellten beide etwas aus der Sparte „lokale Spezialität“, was uns allerdings vom Namen gar nichts sagte und bei dem das gebrochene Englisch der Kellnerin auch nicht zur Erklärung taugte. So bekamen wir beide etwas, bei dem jeweils die Kellnerin erklären musste wie man es essen muss. Lecker war es am Ende dennoch, wenn auch ungewohnt. Mut für weitere Essenexperimente haben wir auf jeden Fall gewonnen.
Anbei die Erfahrungen unseres Essensexperimentes in Farbe und Bunt:
Mischas Essen: 


Steffis Essen: 

In der Zitadelle angekommen, erwarteten uns 3h Mauern, Geschichte und unheimlich viele Ruinen einer eindrucksvollen Zitadelle, der dort drin enthaltenen Kaiserstadt (hier lungerte das Gefolge und Mönche verschiedener Kasten/Glaubensrichtungen herum), mit ihrem Herzstück, der verbotenen Purpurstadt. In dieser Stadt hatten nur der Kaiser, seine Familie, sowie Eunuchen Zugang. (Gäste hatten die Wahl auf Einlass zu bestehen und zum Eunuch zu werden oder lieber in der Kaiserstadt empfangen zu werden. – kleiner Spaß am Rande. 😉 )
Indochina- und Vietnamkrieg haben dafür gesorgt das nur noch 20 der 148 Gebäude erhalten geblieben sind, doch inzwischen wird an allen Ecken und Enden versucht die ehemaligen Gebäude wieder aufzubauen und somit das alte Stadtbild wieder herzustellen. Zu unserer Freude haben wir allerdings schon einige abgeschlossene Restaurationsarbeiten bewundern können, darunter das kaiserliche Theater, was inzwischen auch wieder aktiv genutzt wird.

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Auf dem Rückweg konnten wir endlich einen richtigen Super-Markt betreten und unsere bisher bezahlten „Straßen-Preise“ vergleichen. Dabei haben wir festgestellt, das wir  bei den meisten Sachen zwar schon nahe dran sind, aber noch Luft zum feilschen haben.

Tag 2 – „DieeeÄHMSiiieee Tour – Ja“

Wieder einmal ging es zu nachtschlafender Zeit, zumindest verglichen mit den Zeiten die ich in einem sonstigen Urlaub als Aufstehzeit definiert hätte, los, diesmal zu einer der „fantastischen“ DMZ Touren.
In einem wohlbekannten Modell „Mini-Bus“ ging es um 8 wieder Richtung Norden, also der Richtung aus der wir gekommen sind, um uns ehemalige Kriegsschauplätze in und um der DMZ an zu schauen. Die DMZ (Demilitarisierte Zone) ist ein 10 km Streifen zwischen den damaligen verfeindeten Nord- und Südvietnamesen, entlang des Ben Hai Flusses, der eigentlich als Puffer und kampfloses Gebiet zwischen den beiden Nationen dienen sollte. Ironischerweise sind allerdings in der DMZ so viele Soldaten gestorben und Kampfhandlungen entstanden, dass sie zu einer der damals am heftigsten umkämpften Gebiete der ganzen Welt wurde.

Soviel also zu der allgemeinen Geschichte, mit der Tour sollten bestimmte Highlights und Kampfplätze hervorgehoben werden. Damit dies möglich wurde, hatten wir einen vietnamesischen Guide bekommen, der uns auf Englisch durch den Tag führen sollte. Leider war dieser wohl krank und wir haben seine Nichte bekommen. Zumindest ist das meine Erklärung dafür das dieser Guide von dieser Qualität war. Wie unsere amerikanischen und australischen Tourbegleiter dies verstanden haben, ist mir bis heute ein Rätsel, eventuell haben sie auch nur aus Höflichkeit gelegentlich genickt. Für mich waren Steffi und der Lonely Planet der bessere Guide an diesem Tag. Schnell hatten wir aufgehört den Ausführungen in dem schlechten Englisch zu folgen, spätestens das einfügen eines selbstsicheren „Ja“ nach jedem 3. Wort war zumindest für mich zu viel. Da half auf nicht die Wiederholung jedes Halbsatzes mit der gleichen Anzahl an „Ja“ an den gleichen Stellen. Steffi hat mich an den interessanten Stellen geweckt, bzw. mir den Lonely Planet in die Hand gedrückt. Alles in allem war dies die grausamste Tour die ich/wir je mit erlebt hatten. Diese Touri-Erfahrung wünsche ich keinem und möchte ich selbst auch nicht mehr erleben. Wir wurden auf Grund der großen Entfernung der unterschiedlichen Kampfschauplätze immer wieder mit dem Bus von A nach B, weiter zu C und so weiter und so fort, gekarrt. Pro Punkt hieß es „bitte aussteigen – Ja, wir haben hier nun xx Minuten – Ja, dann geht es weiter – Ja“.  Mit diesem engen Zeitfenster war es kaum möglich an den interessanten Plätzen wie dem Kriegsmuseum in Khe Sanh und dem Nationalfriedhof Truong Son etwas geschichtliches oder etwas von der wirklich beeindruckenden bzw. beängstigenden Stimmung aufnehmen zu können. Diese Tour hat zumindest bei mir eine echte Anti-Haltung gegen geführte Touren ausgelöst.

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Als einzigen Lichtblick gab es zum Abschluss des Tages aber ein echtes Highlight, den Zugang zu einer unterirdischen Stadt aus Tunneln und kleinen Kammern: Vinh Moc. Vinh Moc liegt kurz hinter der DMZ auf der nordvietnamesischen Seite und ist eigentlich ein kleines Dorf. Da allerdings die Bombardierung, sowie der Artilleriebeschuss von den Amerikanern so stark wurde das das gesamte Dorf um sein Leben fürchtete, begannen die Bürger ein 3 stöckiges Tunnelsystem zu erbauen. In 18 Monaten wurde bis zu einer Tiefe von 23 Metern Tunnel gegraben und somit ein Heim für mehr als 90 Familien geschaffen. Diese Tunnel sind durch aus als bequem zu bezeichnen, zumindest für Vietnamesen und gleichgroße Steffis. Die Tunnel haben eine Höhe von 1,6m bis 1,9m und eine Breite von 0,9m bis 1,3m und erstreckten sich auf ca. 3 km mit 13 Ausgängen um bei einer möglichen Entdeckung jeder Zeit flüchten zu können. Das unterirdische Dorf wurde allerdings nie entdeckt und so wurden hier 17 Babys geboren und gegen den Feind wiederstand geleistet. Durch diese Tunnel wurden wir geführt und es war sehr beeindruckend, auch mit einer größeren Menschenmenge, diese Enge und Beklemmung zu verspüren, die Jahre lang auf diesen Menschen gelastet hatte.

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Mehr oder weniger gefrustet wieder im Hotel angekommen, hatten wir uns noch auf einen Spaziergang gemacht und dabei einen sehr schönen Nachtmarkt entlang des Ufers entdeckt. Hier entstand zum ersten Mal der Eindruck, dass an diesen Ständen auch die Einheimischen einkaufen, denn Touries waren hier nur selten zu finden. Anhand des Publikums war zu erkennen,  dass so wohl die einheimische Jugend den Freitagabend verbringt.

Als kleines Trostflaster für den Tag gab es noch ein leckeres Eis auf einem schwimmenden Restaurant und die Erkenntnis das Hué auf Grund der Lichter, der Ansammlung von Hotels, Restaurants und des ganzen Flairs schon etwas touristischer aufgezogen ist als uns der Eindruck von z.B. Hanoi in Erinnerung geblieben ist. Klar vergleichen wir etwas Äpfel mit Birnen, immerhin waren wir in Hanoi in der Altstadt und hier nun eher in der Touri-Gegend, aber auch unabhängig von der direkten Unterkunft war das uns gezeigte Stadtbild schon gravierend westlicher und touristischer  geworden.

3. Tag – Die Kaisergräber

Am dritten Tag in Hué hatten wir uns die Erkundung der 6 Kaisergräber auf den Plan gesetzt. Um einer erneuten Tour wie am Vortag aus dem Weg zu gehen, hatten wir uns auch hier wieder einen Motorroller gemietet und sind auf eigene Faust los gezogen.
Nach unseren üblichen Orientierungs-Start-Schwierigkeiten („ist das die richtige Straße?!“ – „Keine Ahnung, ich fahr einfach mal, wir sehen das dann schon“), kamen wir auch beim ersten Gab an, die Grabstätte von Tu Duc. Schnell zeigte sich, es war eine gute und eine schlechte Entscheidung diese Art der Erkundung zu wählen. Die gute war, wir sahen wesentlich mehr als die Touristen mit Guides und Bussen, die während unseres Aufenthaltes dort ankamen, die Hälfte gezeigt bekamen und wieder weg gekarrt wurden.  Die schlechte jedoch war der Regen der zwischenzeitlich einsetzte.

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Leider haben es keine erprobten DDR Roller nach Vietnam geschafft und so war uns kein Regenschutz wie an der Schwalbe vergönnt. Nur mit einer Regenjacke bewaffnet mussten wir den heftigsten Regen abwarten und konnten erst bei leichterem Regen weiter fahren. Als weiteres Hindernis hatte der Regen allerdings unsere geplante Route förmlich weg geschwemmt oder zumindest im Matsch versinken lassen. Somit mussten wir uns neue Strecken suchen, was Zeit und Nerven kostete. Dank unseres überragenden Orientierungsvermögens, der Ausbildung beim Bund und der neu (wieder) gewonnen Handy-Ortungstechnik, haben wir das 2. Grab auch pünktlich 15 Minuten nach Schließung erreicht. An diesem Tage galt wohl eher das Motto „der Weg ist das Ziel“. Auf dem Heimweg gab es zu meiner Freude diesmal eine schnellere, leichtere und deutlich belebtere Route, auf der wir die Rush Hour in vollen Zügen genießen konnten, diesmal ging wenigstens der „Verkehrsteilnehmer-Informationsknopf“ (die Hupe) um uns den Weg zu bahnen.
Das Resümee des Tages  war: Die Gräber sind wunderschön gelegen, schmucklos, aber beeindruckend von ihrer Lage und flächenmäßigen Größe. Wasser außerhalb der Badewanne oder des Swimming Pools macht nur bedingt Spielspaß, die Rush Hour ist in jeder Stadt ein echtes Highlight und langes sitzen auf einem unbequemen Motorroller führt zu Schmerzen im Gesäß.

Am darauf folgenden Tag ging es mit dem ersten Bus nach Hoi An, dazu mehr im nächsten Artikel.