Battam-WAS?! – So ungefähr muss ich reagiert haben, als ich das erste Mal mit Steffi darüber gesprochen habe wohin unsere Reise nach Phnom Penh weiter geht. Mir war klar das ich nach Siem Reap wollte, nach Angkor Wat, aber was zur Hölle ist denn Battambang?!
Nach einem schnellen Stöbern im Lonely Planet stellte sich heraus das ich hier genauso gern hin wollte, wie nach Siem Reap, denn dort gibt es etwas, von dem mir schon viel berichtet wurde und was ich unbedingt erleben wollte.

Verglichen mit Vietnam gibt es in Kambodscha nur noch wenig Möglichkeiten von einer Stadt zur anderen zu kommen, nämlich mit dem Bus oder (je nach Größe der Stadt) mit dem Flieger. Flieger ist natürlich bei kurzfristigen Reiseplänen immer etwas teurer, darum fällt die Wahl zumeist auf den Bus. So auch hier.
Wir suchten uns einen Nacht-Bus von Phnom Penh nach Battambang. Dies musste der luxuriöseste Bus der Welt sein, immerhin wurde er mit extra langen Betten, ausreichend Platz, super Schlaf-Kompfort und WiFi (!!!!) angepriesen. Da es der einzige Bus zu der gewünschten Zeit war, nahmen wir diesen und ich war voller Vorfreude dieses Luxusgefährts am eigenen Leib zu erleben. Dazu auch noch WiFi, mobil im Bus, das gibts nicht einmal in Deutschland.
Der Bus startete um 00:30 Uhr und somit konnten wir noch den Unabhängigkeitstag in Phnom Penh genießen, essen und dann gemütlich los fahren. Abholung sollte um 23:30 Uhr am Hotel sein. Als es kurz nach Mitternacht war, rief der junge Mann an der Rezeption an und fragte nach wo unsere Abholung steckt… Ab hier begann das Bild der tollen Luxus-VIP-Reise zu bröckeln. Nicht viel, aber kontinuierlich.
Gegen 00:30 Uhr kam dann unsere Abholung und wir wurden zum Bus gebracht. Schnell stellte sich heraus, das wir wohl Luxus und VIP aus der Beschreibung des Buses streichen konnten. Ja, er hatte lange Liegeflächen und es war definitiv ein Nacht-Bus. Nein, der Rest war nicht vorhanden. Unsere Taschen wurden irgendwo im Bus verladen und wir nach oben in den Passagier-Bereich gebeten. Die Plätze warteten auf uns und ab da konnte das meiste nur mit Stauen und Humor genossen werden. Als wir auf unseren Plätzen waren, bemerkten wir 2 Punkte an der Fensterscheibe von denen aus hübsche Risse in Form von Spinnennetz-ähnlichen Mustern entlang liefen. Aus Spaß meinte ich noch „das wird am Morgen wohl doppelt so groß sein“ und nahm die Aussage selbst nicht für voll. Als nächstes war das erwartete WiFi nicht vorhanden, aber das hatte nur meine ersten Vermutungen bestätigt. Der Rest des Buses war OK, auch hier war wieder anzumerken: er hatte die besten Jahre bereits hinter sich, sollte aber noch ein paar weitere fahren dürfen.
Wir fuhren los und schnell stellte sich auch eine andere Schlafkultur der Kambodschaner heraus – eine LAUTE Schlafkultur. Nun kam unser Gehörschutz doch noch zum Einsatz. Nach anfänglichen Problemen fanden wir doch etwas Schlaf, bis wir gegen 2 Uhr Nachts mitten auf der Straße anhielten, direkt neben einem kleinen, aber sehr hell erleuchteten Stand, der nach einer Reparatur-Stätte aussah. Leider war es auch genau DAS. Meine Neugier ließ mich aussteigen und zusammen mit einem anderen Deutschen konnte ich sehen wie soeben eines der Hinterräder abgeschraubt wurde. Selbstverständlich während alle Passagiere noch drin waren. Mit einem anhaltenden Kopfschütteln konnte ich den Radwechsel bestaunen der dort von statten ging. Zur Formel 1 werden die Jungs es wohl nicht schaffen, aber ich habe gelernt das 2 Kambodschaner problemlos unter einen hochgehobenen Bus krabbeln können um das Ersatzrad hervor zu holen. Erstaunlich.
Nach dieser Erfahrung konnten wir unsere Reise „entspannt“ fortsetzen und sind erstaunlicherweise sogar ohne weitere Probleme in Battambang angekommen. Während wir auf unsere Station für den Tag zu rollten, stellte ich mit Verwunderung fest, dass sich die Anzahl der Risse verdoppelt hatte und Steffi meinte auch einen Luftzug und Geräusche vom Fenster während der Nacht vernommen zu haben. Wir waren froh hier auszusteigen, der Bus fuhr nämlich noch weiter bis Bangkok. Ob er dort angekommen ist wissen wir nicht, aber wir gehen mal vom besten aus. 😉

In Battambang spielte sich wieder das gleiche Spiel ab: Schlepper der Hotels stürzten auf uns ein, aber dank Ruhe fanden wir einen freundlichen Fahrer der uns zu einem Hotel brauchte. Dort angekommen sahen wir uns ein Zimmer an, was uns aber zu teuer war. Kurz über den Preis verhandelt und schwups waren wir bei 6 $ weniger. Mit Freude im Gesicht gingen wir zum Frühstück. Zurück im Hotel wollten wir die eingebaute Klimaanlage nutzen, fanden aber die Fernbedienung nicht. Nun stellte sich heraus warum die 6 $ weniger so schnell gingen, er hatte uns die vorher verhandelte Klima gestrichen.
Eher aus Protest zogen wir somit aus dem Hotel wieder aus und suchten uns etwas neues. Auf dem Weg dahin trafen wir „Pitar“, einen Tuk-Tuk-Fahrer der uns kostenlos zu Hotels brachte, damit er sich einen Job für diesen oder die nächsten Tage erhoffen konnte. Der Plan ging auf, nachdem wir unser neues Hotel gefunden hatten, sprachen wir über Kosten für eine Tour zu den gewünschten Sehenswürdigkeiten in und um Battambang und verabredeten uns für den nächsten Morgen.
Endlich richtig angekommen schauten wir uns erst einmal zu Fuß in der „Innenstadt“ um. Hierbei ergab die Innenstadt das gleiche Bild wie meine erste Idee von Battambang. Ein kleines Städtchen (kein Dorf mehr, aber auch keine Metropole), mit wenig zu sehen/erleben. Doch das stimmte nicht ganz und so mieteten wir uns am Nachmittag wieder einmal ein Motorrad um damit zumindest einen Tempel (Wat) zu bewundern. Ausnahmsweise verfuhren wir uns nicht, konnten aber eine traumhaft-malerische Straße an einem Fluss entlang fahren. Einen größeren Unterschied zwischen Vietnam und Kambodscha hätte es nicht geben können: Während die Straßen in Vietnam fast immer gerade und breit waren, war diese Straße kurvig, von Bäumen eingerahmt und wunderschön zu fahren. Unser Ziel, der Wat Ek Phnom, war hingegen recht unspektakulär, ich denke wir haben in der Zwischenzeit schon genügend Tempel und Wat gesehen, so dass sich unsere Euphorie in Grenzen hält. Eher die Buddha-Statue daneben erweckte unser Interesse.

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Am Abend hatten wir uns für etwas Kultur entschieden. Wir gingen in den Zirkus. Dieser Zirkus ist nicht so einer mit Tigern, Löwen, etc. nein, es handelt sich dabei um einen akrobatischen Zirkus, geführt und vorgetragen von und mit (ehemaligen) Straßenkindern. Die Show war spektakulär, Mädels die sich mit den Füßen die Nase kratzen konnten, während die Beine über den Rücken liefen und mit Salto durch die Luft wirbelnde Jungs brachten uns von einem Wow-Effekt zum nächsten! Zwei der Jungs, die ehemals der Gruppe angehörten, befinden sich zur Zeit übrigens in Kanada und besuchen dort eine Artistenschule. Beeindruckt beendeten wir den Tag und speziell meine Wenigkeit freute sich auf den nächsten Tag!

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Am Morgen wurden wir wie vereinbart von unserem Fahrer abgeholt, der uns eröffnete das wir noch ein weiteres Pärchen als Begleitung hätten. Etwas umerfreut über die Wandlung einer exklusiven Fahrt zu einer Gruppenreise, endete die Verstimmung alsbald. Unsere Mitreisenden waren ein französischen Pärchen, das eine Weltreise innerhalb 6 Monate machte. Wir hatten viel Spaß mit Pauline und Frédéric und wer mag, kann sich auf ihrem Blog umsehen und Ihre Reiseberichte lesen (etwas kürzer als unsere Romane. 😉 ):  http://inyourworld.net/.

Unser erstes Ziel war der berühmte Bambus-Zug. Dieses kleine Gefährt kann man sich folgendermaßen vorstellen: Es gibt eine Doppelschiene die von einem Dorf zum nächsten führt. Hier wurden früher mehrere Dörfer am Rand angefahren und somit eine kleine Verbindung mitten im Nirgendwo hergestellt. Diese einspurige Bahnverbindung hat schon frühzeitig Regeln bedurft, da sie in beide Richtungen, ohne Ausweichmöglichkeit genutzt wurde. Aber wie macht man es, wenn man auf mehreren Kilometern nur hin uns her fahren kann? Man baut eine Konstruktion zum Wechseln der Fahrtrichtung und zwar nicht auf der Strecke, sondern mit den „Zügen“. Die Züge bestehen nämlich aus zwei einzelnen Achsen, wobei eine Achse noch eine  Haltevorrichtung für einen Keilriemen (Antrieb!) besitzt und darauf liegt eine Sitzfläche. Diese besteht hier aus Bambus-Hölzern und ist erstaunlich bequem, wenn man es mit einer Betonplatte vergleicht. 😉 Wie aber sehen die Regeln aus, ganz einfach: derjenige mit weniger Leuten auf dem Zug muss seinen Zug von den Schienen nehmen. Ja richtig, die Jungs tragen die schweren Achsen von den Gleisen und heben alles bei Seite, bis der „Sieger“ vorbei gefahren ist und dann heben sie es wieder drauf. Dieses Prinzip des Stärkeren ist genauso spannend wie die Schienen an sich. Als Deutscher oder Europäer ist man einen gewissen Sicherheitsstandard gewohnt, so zum Beispiel, dass Schienen nicht verbogen sind. Speziell diese Schienen sind allerdings auf 10 Metern mind. 3 Richtungen zugewandt und auch die Verbindung zwischen den Schienen kann gern eine Spanne zwischen 2 und 10 cm betragen.
Mit einem Rumpeln und verschiedenen Umstiegen fuhren wir die Strecke entlang bis zur Endstelle, bei der uns freundliche kambodschanische Kinder die Reisfabrik um die Ecke gezeigt haben. Hier war es schon etwas fortschrittlicher als noch in manchen Teilen von Vietnam und es wurde auch schon nach mehreren Größen der Reiskörner getrennt und verpackt. Am Ende haben die sehr gut englisch sprechenden Kinder noch nach dem gewohnten Dollar gefragt und waren nach einer milden Spende sehr glücklich. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesen Kindern um die Hauptverdiener der Familien, immerhin ziehen große Kinderaugen immer noch am besten bei Touristen. 😉
Steffi bekam eine Grille geschenkt, die wieder aus Palmenblättern gefaltet wurde und wohl als Haarschmuck dienen sollte. Mit einem Strahlen im Gesicht nahm Steffi dieses Geschenk entgegen.
Auf dem Rückweg kam uns kein Gefährt mehr entgegen und so erlebten wir eine unheimlich schnelle Fahrt von einem Dorf zum nächsten.

Unser nächster Stop war der Wat Banan. Dieser begrüßt die Reisenden zu aller erst mit einer Treppe von mehreren hundert, teilweise steilen, Stufen. Kurz bevor man oben an kommt, stürmen dann freundliche Kinder auf einen zu, die den schwitzenden und keuchenden Touristen Luft zu fächern. Dies tun sie natürlich wieder gegen „1 Dollar“, doch diesmal kamen wir günstiger davon und hatten das Gefühl auch etwas Besseres gefunden zu haben. Als das kleine Mädchen auf uns zu stürmte, wollte sie schon in den gewohnten Trott verfallen, stockte aber recht bald. Auf einmal schwenkte sie von „can I have one dollar“ zu „can I have this“ und zeigte mit leuchtenden Augen auf Steffis Grille. Da wir die Grille leider nicht die ganze Zeit mitnehmen können, gab Steffi sie gern ab und hatte eine persönliche Luft-Fächerin die aus dem Strahlen nicht mehr heraus kam. 🙂

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Anschließend fuhren wir zu einem anderen Berg, hier gab es mehrere Stationen zu besichtigen. Zu allererst gab es wieder einen Tempel, eine Pagode und leider eine weitere Stelle der traurigen Geschichte Kambodschas um die roten Khmer. Kurz hinter dem Tempel gab es eine Höhle in der eine Stupa für alle an dieser Stelle von den roten Khmer Ermordeten errichtet wurde. Zu den Zeiten der roten Khmer wurden nicht nur auf den Killing Fields die Leute umgebracht, sondern auch an Klippen wie diese gestellt und mit einem Schlag von hinten hinunter gestoßen. Diese fielen dann 30 – 40 Meter in die Tiefe und landeten in der „killing cave“. Auch hier überkam es uns wieder und wir wurden von einer Gänsehaut nach der anderen überfallen. Dieser Platz und das nur in Strahlen einfallende Licht ergaben eine doch recht düstere Stimmung.

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Unweit dieser Stelle für Gräueltaten erheben sich mehrere Tempel, geschmückt mit gold-gelben Dächern und einem unheimlich schönen Blick über die Landschaft. Dieser schnelle Wechsel zwischen Schönheit und Grauen ist immer wieder präsent, sobald man sich etwas mit der Geschichte Kambodschas auseinander setzt.

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Bevor es dunkel wurde mussten wir unseren Abstieg angehen, diesmal wieder über eine Treppe, die wir (zum Glück) nur runter genommen haben.
Unten angekommen reihten wir uns nur noch in den Rest der wartenden Touristen ein und starrten alle auf ein Loch in der Felswand. Hier bewegte sich etwas. Ca. 300 Meter von uns entfernt war Bewegung hinter dem 50 – 75 Meter hohen und 20 Meter breiten Spalt in der Felswand zu erkennen. Wir wussten, dass es sich um eine Fledermaus-Höhle handelt und das sich dort eine Population von geschätzten 3 Millionen Fledermäusen befindet. Was aber in den folgenden Minuten nach dem Sonnenuntergang auf uns wartete, das konnten wir uns nicht vorstellen. Nach einiger Zeit des vorsichtigen Annähern der Fledermäuse an das Loch kamen, wie auf ein geheimes Zeichen, auf einmal dutzende hinaus gestürmt. Es bildete sich ein Streifen, der sich wie ein schwarzes Band durch den Himmel zog und zu den Jagdgebieten aufbrach. Unglaublich verfolgten wir dieses Schauspiel eine kurze Weile, bis uns der Fahrer aus der Faszination weckte und mit einem Lächeln meinte: das geht nun ca. 1 – 1 1/2h so.

Auf dem Heimweg beschlossen wir 4 noch gemeinsam zu Abend zu essen und machten einen kurzen Stop bei dem Ticket-Verkauf für das Boot am nächsten Morgen.

Dann ging es nämlich von Battambang nach Siem Reap. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.